BFSG 2025: Der ultimative Compliance-Guide für KMU

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird am 28. Juni 2025 deutschlandweit in Kraft treten und bringt erstmals auch für private Unternehmen verpflichtende Barrierefreiheits-Anforderungen mit sich. Während sich viele Unternehmen noch unsicher sind, wer genau betroffen ist und welche Maßnahmen erforderlich sind, tickt die Uhr: Bis zum Stichtag bleiben nur noch wenige Monate[1][2].
Wichtiger Hinweis: Countdown läuft!
Ab dem 28. Juni 2025 gelten die BFSG-Pflichten ohne Übergangsfristen für Websites und Apps. Unternehmen, die nicht rechtzeitig handeln, riskieren Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG ist die deutsche Umsetzung des European Accessibility Act (EAA) und macht Barrierefreiheit für bestimmte Produkte und Dienstleistungen erstmals auch im privaten Sektor zur Pflicht. Anders als die BITV 2.0, die nur öffentliche Einrichtungen betrifft, richtet sich das BFSG an Unternehmen, die Verbrauchern digitale Dienstleistungen anbieten[3].
Die wichtigsten Eckdaten auf einen Blick:
- Inkrafttreten: 28. Juni 2025 (ohne Übergangsfristen für digitale Dienste)
- Rechtsgrundlage: EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act)
- Standard: EN 301 549 (basiert auf WCAG 2.1 Level AA)
- Bußgelder: 10.000 bis 100.000 Euro bei Verstößen
- Betroffen: Private Unternehmen mit Verbrauchergeschäft
Wer ist vom BFSG betroffen? Die komplette Übersicht
✅ Voll betroffene Unternehmen
E-Commerce und Online-Handel:
- Online-Shops und Marktplätze
- Buchungsplattformen und Reiseportale
- Ticketverkauf und Event-Plattformen
- Dienstleistungsportale
Finanzdienstleister:
- Online-Banking und Finanz-Apps
- Versicherungsportale
- Payment-Anbieter für Verbraucher
- Kreditplattformen
Telekommunikation:
- Mobilfunk- und Internetanbieter
- VoIP und Messenger-Dienste
- Streaming-Plattformen
- Social Media Plattformen
🟡 Teilweise betroffene Unternehmen
Mikrounternehmen (Ausnahmeregelung): Dienstleistungsanbieter mit weniger als 10 Mitarbeitern UND unter 2 Millionen Euro Jahresumsatz sind von der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen[4].
⚠️ Wichtige Ausnahme: Produzieren Mikrounternehmen BFSG-relevante Produkte (Hardware, Software), gelten die Anforderungen trotzdem!
❌ Nicht betroffene Bereiche
- Reine B2B-Dienstleistungen ohne Verbrauchergeschäft
- Interne Unternehmenssoftware
- Kleinstunternehmen unter den Schwellenwerten (nur bei Dienstleistungen)
- Bereits nach BITV 2.0 regulierte öffentliche Stellen
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Welche Anforderungen gelten? Der technische Standard im Detail
Das BFSG verweist auf EN 301 549, den europäischen Standard für digitale Barrierefreiheit. Dieser Standard integriert WCAG 2.1 Level AA vollständig, geht aber in bestimmten Bereichen darüber hinaus[5].
Kernbereiche der EN 301 549:
1. Web-Inhalte (basiert auf WCAG 2.1 Level AA):
- Alle 50 Erfolgskriterien Level A und AA
- Tastatur-Zugänglichkeit und Fokus-Management
- Farbkontraste mindestens 4.5:1
- Alternative Texte für alle nicht-textlichen Inhalte
- Semantische HTML-Struktur
2. Zusätzliche EN 301 549 Anforderungen:
- Biometrie-Systeme: Alternative Authentifizierung
- Dokumentenformate: Barrierefreie PDFs und Office-Dokumente
- Hardware-Schnittstellen: Bei physischen Terminals
- Telecommunications: VoIP und Videokommunikation
Die wichtigsten WCAG-Bereiche für Unternehmen:
| Prinzip | Beispiele | Häufige Probleme |
|---|---|---|
| Wahrnehmbar | Alt-Texte, Kontraste, Untertitel | Fehlende Bildbeschreibungen |
| Bedienbar | Tastatur-Navigation, Fokus | Keine Skip-Links |
| Verständlich | Klare Sprache, Fehler-Hilfen | Unverständliche Formulare |
| Robust | Gültiger HTML-Code | Inkompatible Assistenz-Technologien |
Timeline: Wann gilt was? Der BFSG-Fahrplan
📅 28. Juni 2025 - Sofortiger Start
- Websites und mobile Apps: Keine Übergangsfristen!
- Online-Shops und E-Commerce: Vollständige Compliance erforderlich
- Digitale Dienstleistungen: Banking, Booking, Streaming etc.
📅 2030 - Bestehende Verträge
- Laufende Dienstleistungsverträge müssen angepasst werden
- Bestandskunden erhalten barrierefreie Services
📅 2040 - Hardware-Terminals
- Selbstbedienungs-Terminals (Geldautomaten, Tickets etc.)
- Längste Übergangszeit aufgrund Hardware-Zyklen
Keine Übergangsfristen für Websites!
Anders als bei Hardware haben Websites und Apps keine Übergangsfristen. Ab dem ersten Tag müssen alle neuen und bestehenden digitalen Angebote die Anforderungen erfüllen.
Bußgelder und Durchsetzung: Was droht bei Verstößen?
Das BFSG sieht empfindliche Strafen für Non-Compliance vor. Die Durchsetzung erfolgt durch die jeweiligen Landesbehörden, die sowohl Stichproben als auch beschwerdebasierte Prüfungen durchführen können[6].
Bußgeld-Rahmen nach BFSG §37:
| Verstoß | Bußgeld-Bereich | Beispiele |
|---|---|---|
| Fehlende Barrierefreiheit | 10.000 - 100.000 € | Inaccessible Website/App |
| Fehlende Informationen | 10.000 - 50.000 € | Keine Konformitätserklärung |
| Verweigerung der Kooperation | 20.000 - 100.000 € | Keine Stellungnahme bei Prüfung |
Zusätzliche Konsequenzen:
- Vertriebsverbote: Komplette Sperrung des Online-Angebots
- Abmahnungen: Durch Konkurrenten und Verbände
- Reputationsschäden: Negative Berichterstattung
- Umsatzverluste: Durch gesperrte Services
⚖️ Rechtliche Realität: Erste Verfahren bereits angelaufen
Bereits vor dem offiziellen Start sammeln Verbraucherschutzverbände und Anwaltskanzleien Fälle für die ersten BFSG-Verfahren. Unternehmen, die sich nicht vorbereiten, werden zu den ersten Zielen gehören.
Quelle: Monitoring deutscher Rechtsanwaltskanzleien im Bereich Verbraucherschutz
Die häufigsten BFSG-Mythen aufgeklärt
Mythos 1: "Accessibility Overlays machen uns compliant"
❌ Falsch: Overlay-Tools wie AccessiBe oder UserWay können maximal 20-30% der WCAG-Probleme erkennen und verursachen oft neue Barrieren. Über 900 Unternehmen mit Overlays wurden 2023 verklagt[7].
✅ Richtig: Nur native, in den Code integrierte Barrierefreiheit erfüllt BFSG-Standards.
Mythos 2: "WCAG 2.2 ist für BFSG erforderlich"
❌ Falsch: BFSG bezieht sich explizit auf WCAG 2.1 Level AA.
✅ Richtig: WCAG 2.2 ist empfehlenswert für bessere mobile Accessibility, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Mythos 3: "Kleine Unternehmen sind komplett ausgenommen"
❌ Falsch: Die Mikrounternehmen-Ausnahme gilt nur für Dienstleister, nicht für Produkthersteller.
✅ Richtig: Ein 5-Personen-Softwareunternehmen mit eigenen Apps muss diese barrierefrei gestalten.
Ihr BFSG-Compliance Fahrplan: Die nächsten Schritte
Phase 1: Bestandsaufnahme (Woche 1-2)
- Betroffenheit prüfen: Welche Ihrer Services fallen unter BFSG?
- Ist-Zustand analysieren: WCAG-Audit Ihrer Website
- Risikobewertung: Bußgeld-Potential und Compliance-Gap
- Ressourcen planen: Budget und Timeline festlegen
Phase 2: Schnelle Gewinne (Woche 3-4)
- Alt-Texte ergänzen: Alle Bilder mit Beschreibungen versehen
- Farbkontraste prüfen: Kontrast-Checker nutzen
- Tastatur-Navigation testen: Alle Funktionen ohne Maus erreichbar?
- Formulare optimieren: Labels und Fehlermeldungen verbessern
Phase 3: Strukturelle Umsetzung (Woche 5-12)
- Semantisches HTML: Überschriften, Listen, Tabellen korrekt auszeichnen
- ARIA-Labels implementieren: Für dynamische Inhalte und Widgets
- Fokus-Management: Sichtbare Fokus-Indikatoren und logische Reihenfolge
- Testing-Routine: Automated + manuelle Tests mit Screenreadern
Phase 4: Dokumentation & Monitoring
- Konformitätserklärung: Schriftliche BFSG-Compliance dokumentieren
- Feedback-Mechanismus: Barriere-Meldungen von Nutzern entgegennehmen
- Regelmäßige Audits: Vierteljährliche Überprüfungen
- Team-Schulungen: Entwickler und Content-Teams weiterbilden
💡 BarriereFix-Tipp: Der 80/20-Ansatz
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Ressourcen und weiterführende Informationen
Officielle Quellen
- Bundesfachstelle Barrierefreiheit: Offizielle BFSG-Informationen
- BFSG-Gesetz.de: Kompletter Gesetzestext und Erläuterungen
- EN 301 549 Standard: Technischer Standard (Englisch)
Praktische Tools
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss meine Website am 28. Juni 2025 zu 100% barrierefrei sein?
Ja, es gibt für digitale Dienste keine Übergangsfristen. Ihre Website muss ab dem ersten Tag die EN 301 549 Standards erfüllen, die WCAG 2.1 Level AA entsprechen.
Wie erkenne ich, ob mein Unternehmen betroffen ist?
Sie sind betroffen, wenn Sie digitale Dienstleistungen für Verbraucher anbieten (E-Commerce, Banking, Booking etc.). Die Mikrounternehmen-Ausnahme gilt nur für Dienstleister mit unter 10 Mitarbeitern und unter 2 Mio. € Umsatz.
Kann ich mit einem Accessibility-Overlay BFSG-konform werden?
Nein. Overlay-Tools wie AccessiBe können nur 20-30% der WCAG-Probleme erkennen und führen oft zu neuen Barrieren. Über 900 Unternehmen mit Overlays wurden 2023 verklagt.
Was passiert, wenn ich die BFSG-Anforderungen nicht erfülle?
Bußgelder von 10.000-100.000 €, mögliche Vertriebsverbote und Reputationsschäden. Landesbehörden führen sowohl Stichproben als auch beschwerdebasierte Prüfungen durch.
Ist WCAG 2.2 für BFSG-Compliance erforderlich?
Nein, BFSG bezieht sich auf WCAG 2.1 Level AA. WCAG 2.2 ist empfehlenswert für bessere mobile Accessibility, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Welche Kosten kommen auf mein Unternehmen zu?
Die Kosten variieren stark je nach Website-Komplexität. Einfache Websites können für 5.000-15.000 € compliant gemacht werden, komplexe E-Commerce-Systeme kosten 25.000-100.000 €. Der ROI ist jedoch nachweislich positiv.
Gilt BFSG auch für B2B-Unternehmen?
Nur wenn Sie auch Verbrauchergeschäft betreiben. Reine B2B-Dienstleistungen ohne Endkundengeschäft sind nicht betroffen.
Wie unterscheidet sich BFSG von BITV 2.0?
BITV 2.0 gilt für öffentliche Stellen, BFSG für private Unternehmen mit Verbrauchergeschäft. BFSG hat strengere Durchsetzung mit höheren Bußgeldern.
Nächste Schritte: Jetzt handeln statt abwarten
Das BFSG ist kein bürokratisches Hindernis, sondern eine Chance: Unternehmen, die jetzt handeln, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil und erschließen neue Zielgruppen. Die Zeit für Prokrastination ist vorbei – der 28. Juni 2025 kommt unaufhaltsam.
Ihr nächster Schritt: Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, wo Sie stehen und wie Sie rechtzeitig compliant werden. Unser BFSG-Express-Service bringt Sie in 8-12 Wochen ans Ziel.
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Cluster-Artikel: Vertiefen Sie Ihr BFSG-Wissen
Dieser umfassende Guide bietet Ihnen den perfekten Einstieg. Für spezifische Aspekte haben wir detaillierte Einzelartikel erstellt:
- Wer ist vom BFSG betroffen? Die €2 Millionen Grenze erklärt
- Ab wann gilt was? Der BFSG-Timeline 2025-2040
- BFSG Bußgelder: €10.000 bis €100.000 - Was droht wirklich?
- EN 301 549 für Websites: Die 50 wichtigsten Anforderungen
- WCAG 2.1 vs 2.2 vs 2.3: Welcher Standard gilt 2025?
- Overlay-Mythos entlarvt: Warum AccessiBe & Co. nicht helfen
- Bundesfachstelle Barrierefreiheit: Ressourcen & Förderungen
- BFSG vs. BITV 2.0: Privat vs. Öffentlich erklärt
Jeder Artikel enthält spezifische FAQs, Checklisten und weiterführende Ressourcen für Ihren Compliance-Weg.
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